Statements und Forderungen der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrech:
1. Die Haltung von Sauen in Kastenständen ist rechtswidrig und verfassungswidrig.
2. Dies gilt auch für Kastenstände, in denen Sauen ihre Gliedmaßen ausstrecken können.
3. Es ist darauf hinzuwirken, dass die Kastenstandhaltung durch Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung oder des Tierschutzgesetzes vollständig verboten wird.
4. Zugleich ist – bis zu der genannten Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung – die aktuell geltende Rechtslage hinsichtlich der Vorgabe, dass eine Sau im Kastenstand ihre Gliedmaßen ausstrecken können muss, ohne Übergangsfrist per für sofort vollziehbar erklärten Einzelanordnungen gegenüber den sauenhaltenden Betrieben durchzusetzen.
5. Bleiben die zuständigen amtlichen Tierärzte untätig, sind diese durch Ministerialerlass zum Erlass entsprechender Anordnungen anzuweisen.
6. Bauliche Änderungen und Investitionen der Sauenhalter sind für die Einhaltung der geltenden Rechtslage nicht erforderlich.
7. Die geforderte Rechtssicherheit wird es nur mit der vollständigen Abschaffung von Kastenständen geben.
8. Sogenannte Kompromisse sind zu verhindern. Sie legalisieren die rechtswidrige Praxis nicht, da sie ebenfalls rechtswidrig und verfassungswidrig sind.
9. Regelungen zur Verkürzung der zulässigen Fixationsdauer von Sauen in Kastenständen sind weder ein Kompromiss noch ein Fortschritt im Tierschutz, denn sie sind nicht kontrollierbar und es ist davon auszugehen, dass diese Regelungen nicht eingehalten werden.
Verfasst am 16.06.2020 von Dr. Barbara Felde, DJGT
Kastenstandhaltung von Muttersauen - Julia Klöckner hebelt Urteil des OVG Sachsen-Anhalt aus und handelt rechtswidrig!
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat einen Entwurf zur Neuregelung der Kastenstandhaltung für Muttersauen in der Tierschutz-Nutztier-haltungsverordnung (TierSchNutztV) vorgelegt. Tierschutzorganisationen und Juristen bewerten diesen Referentenentwurf als „juristischen Skandal“. Wir, das Bürgerbündnis „mensch fair tier“, teilen diese Einschätzung und bitten die Medien, über diesen geplanten Rechtsbruch zu berichten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen!
Folgende Fakten haben wir zusammengetragen:
In Deutschland werden über 1,8 Mio. Zuchtsauen in 7800 Betrieben gehalten (Nov.2018).
Sauen, die in Schweinezuchtbetrieben für die Ferkelproduktion verwendet werden, verbringen ungefähr die Hälfte ihres nur ca. 3-jährigen Lebens in körpergroßen Metallkäfigen
(„Kastenstand“). Ein Sich-Umdrehen ist nicht möglich. Die Sau ist zu fast völliger Bewegungslosigkeit verurteilt.
Als Begründung für die Kastenstände, dass die Sauen ihre Ferkel erdrücken würden, fehlt bisher jeder Nachweis. Bei einer gesunden Sau mit ausreichend Platz und einem Nest für die Ferkel
passiert dies höchst selten.
In einem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wird dargelegt, dass Kastenstände Stress und Frustrationen verursachen und ein erhöhtes Risiko für
Erkrankungen und für orale Verhaltensstörungen mit sich bringen.
Die Fachliteratur sieht in der Kastenstandhaltung einen Verstoß gegen § 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) und gegen die in der Verfassung verankerte Staatszielbestimmung
Tierschutz in Art. 20a GG.
Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat bereits 2015 festgestellt, dass die meisten Kastenstände der Bundesrepublik die Mindestbedingungen (1. das Schwein darf sich nicht verletzen und
muss sich 2. ungehindert umdrehen und ausstrecken dürfen) nicht erfüllen, also rechtswidrig sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil 2016 bestätigt und konstatiert, dass es
keine weiteren Übergangsfristen geben darf. Bereits seit 1992 sind die Übergangsfristen abgelaufen. Also seit 27 Jahren wird auch von der Bundesregierung geduldet, dass ein Großteil der
Schweinezüchter rechtswidrig handelt.
Im Januar 2019 hat das Land Berlin einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt, der sich gegen die Mindeststandards in der Schweinehaltung inklusive der Sauenhaltung in Kastenständen richtet.
Da ein Großteil der Ställe in Deutschland gegen die Vorgaben verstößt, sollen nach den Vorstellungen des BMEL die Kastenstände zukünftig um 20 Zentimeter verlängert werden! Für die dazu nötigen Umbaumaßnahmen sollen die Schweinehalter weitere 15 Jahre Zeit haben. Im Einzelfall sogar weitere 17 Jahre.
Statt nun endlich die Behörden zu verpflichten, keine Kastenstände mehr zu genehmigen, plant die Bundesregierung, den entscheidenden Nebensatz, dass „jedes Schwein in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann" aus der [bisherigen] Verordnung herauszustreichen. Zugunsten der Agrarlobby. So wird aus einem illegalen Zustand ein legaler Zustand gezaubert und ein gesprochenes Gerichtsurteil nicht nur völlig ignoriert, sondern einfach außer Kraft gesetzt – zur Verschlechterung für die Tiere (www.tierrechte.de).
„Man kann die Vorgehensweise des BMEL als geradezu perfide bezeichnen: Eine Haltungspraxis, die seit Jahren gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verstößt, soll nun durch eine Änderung der Verordnung für die nächsten 15-17 Jahre legalisiert werden. Der Kastenstand ist verfassungswidrig und gehört abgeschafft. Insgesamt ist der Referentenentwurf in der jetzigen Form als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und die Verfassung zu bewerten.“ (Dr. Davina Bruhn)
Rechtsprechung in Deutschland:
-> Ein aktuelles Urteil vom Verwaltungsgericht Gießen (Az: 4 L 1922/19.GI, 4 L 1940/19.GI) untersagt einem Gartenbesitzer, zwei Wildschweine in seinem Garten zu halten, mit der Begründung des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, da die artgerechte Tierhaltung nicht gegeben sei. (www.focus.de)
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Quellen und weitere Infos:
Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMEL
Kurzexpertise Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn, Hamburg
Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht
Pressemitteilung der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
"Wer schweigt stimmt zu!"
Wer nicht schweigen möchte, kann bei der großen "Online-Demo" am 02.05.20 mitmachen.
Wer kein Account bei FB, Twitter oder Instagram hat, kann die Petition unterschreiben.
Wegsehen ist einfach, hinsehen schwer zu ertragen.
Aber wegsehen und zu sagen "ich kann das nicht sehen"
und weiter machen wie bisher, ist verwerflich.
unbekannter Verfasser